FDP Teltow-Fläming

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Luckenwalde gedenkt den Opfern des Nationalsozialismus

Der Ortsverband Teltow-Fläming gedacht am 27.01.2023 in Luckenwalde den Opfern des Nationalsozialismus. Auf dem Bahnhofsplatz vor der Bibliothek – an der Bodenplatte für die Luckenwalder Widerstandsgruppe „Gemeinschaft für Frieden und Aufbau“ – wurden Blumen niedergelegt.

Manuel Hurtig, Fraktionsvorsitzender der FDP-Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung, betonte die Bedeutung einer nachhaltigen Erinnerungskultur, da Zeitzeugen immer seltener werden. Im Hinblick auf Hass und Ideologien sei das deutsche Grundgesetz ein zuverlässiger Kompass, der jedoch immer wieder neu geeicht werden müsse. „Ich habe Angst vor Menschen, die Angst vor Vielfalt haben.“, gab er zu und forderte dazu auf, Gesicht zu zeigen und „Engagement für eine humane Gesellschaft“.

Die Gedenkrede im vollständigen Wortlaut:

27. Januar 1945 – TAG DER BEFREIUNG des KZ-Auschwitz-Birkenau:

VERANTWORTUNG ALS LEBENSAUFGABE

„Es gibt keine Worte, die Schmerzen lindern können.“ Zitat: M.Hurtig

27. Januar 1945 – TAG DER BEFREIUNG des KZ-Auschwitz-Birkenau:

VERANTWORTUNG ALS LEBENSAUFGABE

„Es gibt keine Worte, die Schmerzen lindern können.“ Zitat: M.Hurtig

Der 27. Januar 1945 ist der Tag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau. Am 30. Januar 1945 besteht die Diktatur unter Führung und Gewaltherrschaft durch Adolf Hitler bereits schon 12 Jahre. Wann war der Anfangspunkt? Der Anfangspunkt begann schon Jahre/Jahrzehnte zuvor. Die menschenfeindlichen Ideologien und die Schergen, die sich diesem Fanatismus verschrieben haben existieren seit Menschengedenken… Blicken wir wieder auf den 27. Januar 1945: Europa lag in Trümmern und weit mehr als 60 Millionen Menschen, die ihr Leben unfreiwillig für die Rassisten opferten, darunter über 27 Millionen Menschen aus der ehemaligen Sowjetunion, an dessen Führungsprinzip sich bis heute nichts geändert hat. Im KZ Auschwitz-Birkenau sind nach Schätzungen 1 Million Menschen jüdischen Glaubens, bis zu 75.000 Polen, bis zu 21.000 Roma und ungefähr 14.000 sowjetische und weiteren geschätzten 15.000 Menschen anderer Nationalitäten (u.a. Deutsche, Ukrainer, Franzosen, Tschechen) ermordet worden.
Die selbst ernannte „Herrenrasse“ zerstörte nicht nur Menschenleben, sondern auch unzählige Städte und diverse Kulturgüter in Europa und über die Grenzen Europas hinaus. Das Ende der geistigen und körperlichen Gefangenschaft, das Ende der Gewaltherrschaft und der Beginn in eine nun hoffentlich freie Welt, das war für viele Überlebende aus dem KZ der so lang ersehnte Tag! Befreiung von der Diktatur, der Barbarei und der Tyrannei, dafür steht für mich auch der 27. Januar 1945 in Deutschland, dem wir seit 1996 gesetzlich Gedenken. Wir Gedenken der Befreiung von Menschen jüdischen Glaubens, der Sinti und Roma und der politisch Andersdenkenden, der Homosexuellen, der Zwangsarbeiter, der Widerstandskämpfer sowie all jener Menschen, die sich für Freiheit und Gleichbehandlung sowie Menschenwürde eingesetzt haben. Deutschland wird den Holocaust nicht verdrängen können, weil die systematische Vernichtung eine Realität war. Jüngere Generationen haben keine Schuld, aber die Verantwortung tragen sie für und in ihre Zukunft. Der Antisemitismus ist keine deutsche Erfindung, aber Konzentrationslager, wie zum Beispiel in Auschwitz, Buchenwald und Treblinka sowie die industrielle Vernichtung von Menschen war die deutsche Antwort, die Handlung der Faschisten gewesen. Die Ermordung von Kindern, von Müttern oder denen, die gerade schwanger waren und eine Familie gründen wollten, das Töten und Entwerten von Millionen Biografien darf einfach zu keiner zukünftigen Zeit vergessen werden! Menschen, die Opfer von Erniedrigung, Gewalt, Denunziation, Diskreditierung und Gefangenschaft wurden, lebten nach der Befreiung ein Leben mit verwundetem Herzen, entwürdigter Seele und geschändeter Identität sowie körperlich tiefen Verletzungen. Michel Friedman spricht sogar davon, dass er auf einem Friedhof groß geworden sei, soviel Trauer versprühten seine Eltern in den Jahren seiner Kindheit. Wir müssen uns auch unbedingt an Menschen erinnern, die Hilfe und Widerstand geleistet haben.

Den bekanntesten Retter von über 1300 Menschen jüdischen Glaubens, Oskar Schindler, möchte ich hier zitieren: „Darüber gibt es nichts zu sagen, das ist selbstverständlich.

Wie stabil sind heute Deutschland, Europa und die zivilisierte Welt? Ich bin besorgt! Es kommen bis dato wieder und wieder neue nationalsozialistische Ideologien aus allen sozialen Bereichen ans Tageslicht hervor und versuchen in Regierungsverantwortung zu gelangen. Sogar in einigen Ländern, in unmittelbarer Nachbarschaft zu Deutschland beobachten wir diese Tendenzen. Menschen, für die die Würde von anderen Menschen keine Bedeutung hat, sondern nur ihre eigene Würde und Denkweise zu vertreten ist ihnen wichtig. Jene Menschen, die mit ihren Ressentiments Angst versprühen wollen, damit sie sich einmal am Tag wohlfühlen … Der wärmende Mantel der Demokratie über unserer Bundesrepublik wird luftiger, ja sogar kühler wird es darunter, wenn ich über unsere Grenzen hinaus schaue. Unser deutsches Grundgesetz ist ein zuverlässiger Kompass seit fast 74 Jahren, der aber jedes Jahr aufs Neue geeicht werden sollte. In der Seefachsprache: „Unser Grundgesetz ist unser Logbuch.“ Dies bedeutet in meiner Definition in Anlehnung an das Logbuch der Seefahrt: „Aufzeichnung aller für bedeutsam gehaltenen Ereignisse und Gesetze, die für jeden Einzelnen von uns gelten!“

Ich bin ein politischer Feinschmecker, mir graut es vor dem braunen Eintopf, und das nationale Gehabe langweilt mich. Wir brauchen mehr Kreativität und Phantasie, um das Image der Politik in unserem Land aufzupolieren sowie stets zu reformieren und Privilegien für eine Handvoll Menschen abzubauen. Daran lässt sich unter anderem auch die Qualität unserer Politik bemessen. Wir nähern uns der Zeit, in der wir kaum noch mit Überlebenden des Zweiten Weltkrieges, respektive Überlebende aus Konzentrationslagern sprechen können. Jetzt ist eine der letzten Chancen für die Überlebenden aus dieser Zeit und für uns nachfolgende Generation, uns gedanklich noch auszutauschen.
Unsere Aufgabe ist es, nachhaltige Erinnerungsarbeit zu leisten. Menschen, die bis zum Kriegsende 1945 Feinde waren, entdeckten in den Monaten und Jahren danach wieder Frequenzen zueinander. Ein Beispiel: Deutschland und Israel. Visionen für ein interkontinentales Miteinander entwickeln und das Bedürfnis nach Aufklärung zu haben, zu hinterfragen, nicht einfach hinzunehmen. Respekt, Wertschätzung und geistiger Austausch, streitbare Dialoge zwischen den Generationen sind wichtig – sich mit Mut und Elan an die Aufklärungsarbeit zu machen und sich gegen Resignation sowie geistige Trägheit und Verengung zu positionieren. In einigen Bereichen wird unter anderem das Wort „Jude“ für rassistische Beleidigungen missbraucht und negativ besetzt, obwohl es in seiner ursprünglichen Definition die Zugehörigkeit zu einer ethnisch religiösen Gruppe respektive Einzelperson der jüdischen Religion kennzeichnet. Schaut Euch zum Beispiel mal in unseren Fußballstadien um, wo des Öfteren von der 1. Bundesliga bis in die einzelnen Landes- und Kreisklassen Spieler anderer Hautfarbe oder Herkunft aus der gegnerischen Mannschaft mit Bananen und Affenrufen erniedrigt werden oder das andere Team als „Judenmannschaft“ beleidigt wird. Was hat das Judentum damit zu tun? Was für geistige Fehlleistungen!

Und wieder sind es Gruppen von Menschen, die die Würde von anderen Menschen missachten, denn nur in der Gruppe fühlt es sich so richtig gut an, aber gegen einzelne, couragierte Menschen, die sich für Menschen in Gefahr einsetzen, wird auch schon mal leider mit aller Härte des Gesetzes vorgegangen.

Wo werden heute noch Fehler gemacht? Es existieren noch zu viele IHR und zu wenig WIR. Ich habe Angst vor Menschen, die Angst vor Vielfalt, vor anderen Religionen als ihrer eigenen haben. Ich habe Angst vor Menschen, die Angst vor Menschen anderer Herkunft oder einer anderen sexuellen Orientierung haben. Wenn meine Werte von Freiheit, Würde des Menschen und Demokratie angegriffen werden, dann muss ich Gesicht und Farbe bekennen. Wir erleben in unserer gegenwärtigen Gesellschaft eine Debattenkultur, die eine enorme verbale Gewaltbereitschaft mit sich führt – eine aggressive Auseinandersetzung im öffentlichen Leben, in der Arbeitswelt und nicht zu vergessen auch das Konfliktpotenzial zwischen internationalen Ländern miteinander, wenn Diplomaten abgezogen werden oder Militär an den Grenzen in Stellung gebracht wird und dann auch andere Länder angreift. Übrigens: Die Militärausgaben sind trotz Corona-Pandemie weltweit gestiegen und erreichen Rekordzahlen bei den Verkäufen. Ein kleiner Hinweis sei mir an dieser Stelle erlaubt: Vielleicht mal die Ausgaben für Bildung steigern und sich intellektuell bewaffnen mit Lupe, Buntstift, Erlenmeyerkolben und Tretauto.

Der Kinder- und Jugendschutz sollte weltweit steigen – aber nicht die Zahl der verkauften Panzer. Auch, wenn sich dadurch höhere Gewinne erzielen lassen, aber ein Menschenleben ist unbezahlbar!

Was ist jeder Einzelne von uns bereit, an Engagement für eine humane Gesellschaft aufzubringen?

Nichthindern und Unterlassen werden irgendwann ab einem bestimmten Punkt zum Handeln. Wer ein Unrecht zulässt, macht sich meines Erachtens zum Mittäter.

Deshalb sollte von uns hier und heute das Signal und die Botschaft vermittelt werden, dass Menschenrechte, Frieden und Freiheit der beste und einzige Weg in unsere gemeinsame Zukunft sind! Wann wird es endlich einen Endpunkt geben mit dem Menschenhass und den Diktatoren?

Im Innehalten bitte ich Sie um ein Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus und an die Überlebenden aus ALLEN Konzentrationslagern.

Manuel Hurtig

Stadtverordneter
Fraktionsvorsitzender
FDP Fraktion


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